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Wem gehört die Tüte ?

Am 8.06.2009 gab es eine Informationsveranstaltung zu den Auseinandersetzungen und Vertreibungen der NutzerInnen des eigentlich öffentlichen Geländes um die Stadthalle am HBF (genannt Tüte) im Buchladen Eulenspiegel.

Zuerst wurde der Zusammenhang zur generellen Entwicklung der Überwachung und Kontrolle von Andreas Fisahn hergestellt. Insbesonder die inoffizielle Entwicklung eines Feindstrafrechtes, wie es im Extremfall an Muratz Kurnatz (der obwohl die Amis ihn aus Guantanamo abschieben wollten, dank Frank W. Steinmeier dort noch vier weiter Jahre bleiben musste) und Khaled El Masri (unschuldiges Opfer der Folterverschleppungen der Amis und wurde wahrscheinlich auch von einem BKA-Mitarbeiter verhört).

Rechtstheoretiker sprechen vom geteilten Rechtsstaat oder Ausnahmerecht. Die zeigt sich in der EU-Terrorliste und auch genereller im Ausländerrecht. Aber es gibt auch Gesetzesbrüche gegen Linke wie Heiligendamm oder die Verhaftung von Andrej Holm gezeigt hat.

Die Begründungen für die Einführungen von Feind oder Ausnahmerecht wechseln. Zuerst war es im Zuge der RAF der politische Terrorismus, nach deren Auflösung die organisierte Kriminalität (Mafia), dann nach dem 11. September 2001 der islamische Terrorismus. Theoretiker zur Überwachung sind u.a. Neumann, Poulantza und Foucault.

Foucault hat die Theorie der Disziplinierung und Überwachung aufgestellt. Nach der Meinung von Andreas Fisahn passt dies zum Fordismus, aber nicht mehr zum Postfordismus. Heutzutage gebe es repressive Toleranz und Kontrolle. Welche wellenförmig zu nimmt, aber auch auf Grund der hegomonialen Kräftverhältnisse ab und zu wieder ein wenig zurückgenommen wird. Dabei wird im Neoliberalismus einerseits repressive Kontrolle auf das abgehängte Prekariat und repressive Toleranz auf den Rest ausgeübt. Denn ein gewisses Maß an Unangepasstheit wird vom Neoliberalismus gebraucht und vereinahmt. Wann dagegen vorgegangen wird ist wieder ein Aushandeln der hegomonialen Kräfteverhältnisse.


Die Studie zur Tüte (keiner konnte sagen, wieso die Tüte Tüte heißt) bzw den Stadthallenpark von Sebastian Dirks ist eine sehr kleine Studie. Trotzdem gab es einige interessante Ergebnisse. Der Anlass für die Verabschiedung der Sonderverordnung für den Stadthallenparksind wahrscheinlich die Zunahmen der Anzeigen wegen öffentlichen Urinierens 2007.

Von den NutzerInnen wird die Verordnung als diskriminierend angesehen, insbesondere da gegen den öffentlichen Konsum von Alkohol von Studierenden auf dem Siegfriedsplatz nichts unternommen wird (repressive Toleranz). Die NutzerInnen der Tüte fühlen sich teilweise als Bauern auf einem Schachbrett, welche immer hin- und hergeschoben werden. Zuerst waren sie im Ravensbergerpark und wurden dort u.a. wegen der Videoüberwachung vertrieben. Jetzt auch noch von der Tüte. Dabei ist für die NutzerInnen der Lebensmittelpunkt. Er ist auch Kontakt und Anlaufstelle für Neuankömmlinge in Bielefeld. Denn dort erfahren sie, wo es Hilfeinrichtungen wie z.B. die Heilsarmee gibt. Generell dient der Treffpunkt auch als soziales Netzwerk, wo sich gegenseitig geholfen wird. Die Trennung der einzelnen Gruppen in Alkoholiker,Kiffer, Junkies ... wie immer behauptet wird ist so nicht gegeben. Vielmehr gibt es einzelne Cliquen unter denen es aber auch Querkontakte gibt. Von einigen wird der Treffpunkt auch als Marktplatz genutzt um Sachen zu verkaufen.

Von Seitens der Stadt wurde die Verordnung damit begründet, dass sich PendlerInnen und BesucherInnen durch die NutzerInnen der Tüte belästigt fühlen würden.


Bei der anschließenden Diskussion gab es das Argument, dass ja die Einrichtung von Frauenparkplätzen nur auf die gefühlte Angst und nicht auf die wirkliche Gefährdung von Frauen zurückgeht. Dieses wurde aber sehr gut damit gekontert, dass durch Einrichtung von Frauenparkplätzen die Rechte von anderen (d.h. der Männer) nicht großartig eingeschränkt wird, bei der Tüte wird den NutzerInnen dagegen ihr Lebensmittelpunkt weggenommen.

(rh)

Den Flyer von Attac Bielefeld zur Kritik der Vertreibung an der Tüte gibts hier:

http://www.attac-netzwerk.de/uploads/media/Flyer_zur_Vertreibung_an_der_Tuete_von_attac_bi.pdf